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Werk der Woche – Jörg Widmann: Zeitensprünge

Auf eine stolze Geschichte von 450 Jahren blickt die Staatskapelle Berlin zurück. 1570 wurde sie als “Kurfürstliche Hofkapelle” erstmals urkundlich erwähnt. Für den Festakt am 11. September 2020 hat das Orchester Jörg Widmann mit der Komposition eines neuen Werks beauftragt. Zeitensprünge heißt die neue Komposition, die nun unter der Leitung von Daniel Barenboim in der Staatsoper Unter den Linden uraufgeführt wird. 

Auf musikalische Zeitreisen und auf stilistische Seitensprünge verweist Widmann mit seinem vielsagenden Titel. Denn in Zeitensprünge nimmt er immer wieder die Ästhetik verschiedener Epochen in der Geschichte des Orchesters in den Blick: Gleich am Anfang spielt ein Ensemble hinter der Bühne einen Renaissance-Tanz, etwa im Stil von Tilman Susato. Erst nach dem die Musizierenden nach und nach die Bühne betreten, wird das Dirigieren “erfunden” und ein Konzert nach heutigem Verständnis entspinnt sich.

Jörg Widmann – Zeitensprünge: ein Konzert für Orchester en miniature


Auf 450 Takte, symbolisch für das Alter des Orchesters, und damit 10 Minuten Spielzeit beschränkt sich Widmann. Doch darin verbirgt sich ein vielgestaltiges und vollgültiges Konzert für Orchester. Alle Instrumentengruppen erhalten Solopassagen, es gibt Teilensembles wie Fanfaren, mittelalterliche Bläsermusik und Gamben-Consorts sowie eine Fülle musikalischer Formen bis hin zum Kanon, der wie keine andere den Einklang der Vielen symbolisiert. 
Wenn ich vor dem Notenblatt sitze, denke ich nicht unaufhörlich: Du musst etwas Neues erfinden. Überhaupt nicht. Ich habe viele Harmonien im Kopf, die es noch nicht gab, Zusammenklänge, Kombinationen. Mein Problem ist es, dafür eine Form zu finden. Ich bin in einer Phase, wo ich mir neue Formen erkämpfe. - Jörg Widmann


Fotos: Marco Borggrve, Adobe Stock / spuno

Work of the Week – Jörg Widmann: Zeitensprünge

The Staatskappelle Berlin celebrates its impressive history as it marks its 450th anniversary this year. The earliest sources mentioning the orchestra date from 1570. On 11 September, the world premiere of a new work by Jörg Widmann commissioned specially for the occasion, Zeitensprünge (Leaps in time), will be given in a concert conducted by Daniel Barenboim at the Berlin State Opera House. 

The title Zeitensprünge is a pun about musical time-travel and stylistic escapades. Widmann explores the multiple stylistic periods through which the orchestra has lived during its long history, with the opening bars featuring an off-stage ensemble playing renaissance dances. Only when the musicians enter the stage does the idea of conducting start to take form, and a concert of today’s understanding commences. 

Jörg Widmann – Zeitensprünge: A Concerto for Orchestra in a nutshell


Though Zeitensprünge is a condensed 10-minute orchestral work of only 450 bars (one for each year of the Staatskapelle´s history), it nevertheless has everything a full-scale Concerto for Orchestra needs. There are solos from nearly every section of the orchestra, ensembles such as fanfares emerge from the texture, medieval winds and consorts play next to each other, and Widmann uses a variety of musical forms to lead to a brilliant final canon that symbolises many becoming one. 
“When I sit in front of a sheet of manuscript paper, I don’t keep thinking ‘you have to invent something new’. Not at all. My head is full of harmonies, connections and combinations that have never been heard before. My problem is to find forms for them. I am now in a stage of fighting to find these new forms.” - Jörg Widmann 


Photos:Marco Borggrve, Adobe Stock / spuno